Bereits am 7. Juli 2020 hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) die Gruppe «Stopp Isolation» empfangen. Es informierte anlässlich dieses Treffens über die asyl- und verfahrensrechtlichen Grundlagen sowie die Zuständigkeiten des Bundes, des Kantons und der Gemeinden. Anschliessend begrüsste das ABEV am 8. Juli eine Delegation der Gruppe, um die Kritik und die Anliegen in einem konstruktiven Dialog entgegenzunehmen und allfälligen Handlungsbedarf seitens des Kantons zu eruieren. Die Sach- und Rechtslage wurde den Betroffenen nochmals ausführlich dargelegt.
Wegweisungsvollzug als gesetzliche Pflicht
In den wesentlichen Punkten kann der Kanton Bern auf die Forderungen von vornherein nicht eintreten: Personen, deren Asylgesuch den rechtsstaatlichen Prozess durchlaufen und die vom SEM oder dem Bundesverwaltungsgericht einen negativen Asylentscheid erhalten haben und aus der Schweiz weggewiesen wurden, sind verpflichtet, die Schweiz zu verlassen. Sie haben weder das Recht auf eine Aufenthaltsbewilligung noch auf Arbeit, können aber bei Bedürftigkeit Nothilfe beziehen. Die Grundsätze des Asylrechts sind demokratisch legitimiert: Am 5. Juni 2016 haben die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dem revidierten Asylgesetz des Bundes mit einer Zweidrittel-Mehrheit deutlich zugestimmt.
Die in den kantonalen Rückkehrzentren untergebrachten und betreuten Personen haben sich bis anhin ihrer gesetzlichen Pflicht widersetzt, die Schweiz zu verlassen. Dass diese Personen im Heimatland nicht verfolgt werden, haben die zuständigen Bundesbehörden (SEM, Bundesverwaltungsgericht) geprüft und verbindlich festgestellt. Ebenso, dass die Ausreise ins Heimatland zulässig, zumutbar und möglich ist. Die geläufige Behauptung, die Asylsuchenden könnten nicht zurückkehren, ist unzutreffend. Häufig wird der Vollzug dadurch erschwert, dass weggewiesene Personen nicht kooperieren und ihre Identität nicht offenlegen. Auf eine Wegweisung zu verzichten, würde diejenigen begünstigen, die ihren Mitwirkungspflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen.
Im Kanton Bern ist die Ausrichtung der Nothilfe gesetzlich klar und umfassend geregelt. Der Grosse Rat hat die entsprechenden Regelungen Ende 2019 aktualisiert und eine strategische Neuausrichtung im Asylbereich beschlossen. Damit hat er auch die Inbetriebnahme der kantonalen Rückkehrzentren genehmigt. Das Referendum wurde dagegen nicht ergriffen.
Die Entscheide im Asylbereich sind auf den verschiedenen Staatsebenen demnach demokratisch sehr breit abgestützt. Die Sicherheitsdirektion erwartet von der Gruppe «Stopp Isolation», die geltenden und demokratisch legitimierten Gesetze von Bund und Kanton zu respektieren, alles andere erachtet sie als undemokratisch.
Menschenwürdige Unterbringung in den kantonalen Rückkehrzentren
Nothilfebeziehende werden in den kantonalen Rückkehrzentren untergebracht und betreut. In diesen erhalten sie die verfassungsrechtlich verankerte Nothilfe. Die Nothilfe umfasst diejenigen Leistungen, die für das Überleben notwendig sind und ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Letzteres ist in den kantonalen Rückkehrzentren zu jeder Zeit gewährleistet. Sollten punktuell Defizite bekannt werden, werden diese umgehend geprüft und wenn nötig behoben.
Wer rechtskräftig weggewiesen ist und Nothilfe bezieht, muss gewisse Pflichten und Einschränkungen in Kauf nehmen. Dazu gehören die Anwesenheitspflicht und die Präsenzkontrolle im kantonalen Rückkehrzentrum. Wer sich nicht regelmässig im Rückkehrzentrum aufhält, gilt nicht als bedürftig. Die Behörden müssen zudem über den Aufenthaltsort der Betroffenen im Bild sein, um die Wegweisung jederzeit vollziehen zu können. Zudem sind Nothilfebeziehende angehalten, die Hausordnung des Rückkehrzentrums und die Weisungen des Personals zu beachten. Die gesetzlichen Pflichten umfassen auch Gemeinschafts- und Reinigungsarbeiten in der Unterkunft. Damit verhält es sich nicht anders, als wenn solche Arbeiten im eigenen Haushalt geleistet werden und wo ebenfalls keine Entschädigung ausgerichtet wird. Für die ablehnende Haltung der Gruppe «Stopp Isolation» hat die Sicherheitsdirektion kein Verständnis.
Letztlich unsolidarische Forderungen
Viele der von der Gruppe «Stopp Isolation» vorgebrachten Forderungen (Integration, Arbeitsplätze, Ausbildung) würden eine Gleichbehandlung von abgewiesenen Asylsuchenden und anerkannten Flüchtlingen bedeuten. Die zentrale Unterscheidung würde hinfällig. Die Frage, ob jemand im Heimatland verfolgt wird, wäre nicht mehr relevant. Die Schweiz müsste in der Konsequenz voraussetzungslos alle aufnehmen, die in unser Land kommen würden. Dies würde wiederum rasch die Kapazitäten überfordern, was letztlich die Aufnahme und Integration von wirklich Verfolgten verunmöglichen würde. Die Sicherheitsdirektion erachtet die Forderungen daher als unsolidarisch gegenüber den wirklich verfolgten Menschen, die in der Schweiz Schutz suchen.